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EU erzwingt Ausweitung der Konformitätsarbeit auf den Holzbereich
Das Schweizerische Verpackungsinstitut SVI führte in Kooperation mit dem Verband der Schweizerischen Holzverpackungs- und Palettenindustrie VHPI am 14. November 2024 ein Webinar zum Thema «EUDR: Die Auswirkungen der Entwaldungsverordnung für die Schweizer Verpackungsindustrie» durch.
Andreas Zopfi, in Personalunion Geschäftsführer des SVI und des VHPI, begrüsste 21 Teilnehmer am Webinar zu diesem hochkomplexen Thema. Einziger Referent war Tobias Stäuble, Projekt Manager bei Global Traceability Solutions GTS mit Sitz in München. GTS ist ein Dienstleistungsunternehmen, spezialisiert auf Rückverfolgbarkeit im Bereich Holz. Hauptinhalte des Webinars waren die Hintergründe und Anforderungen der EUDR, Erläuterungen zu den betroffenen Produkten sowie den betroffenen Akteuren und ihren Pflichten sowie Hinweise auf die Umsetzung in der Praxis, Einführung und Übergangsszenarien sowie Kontrollen und Sanktionen.
Hintergründe der neuen Regulierung seitens der EU sind, dass nach wie vor weltweit ein jährlicher Waldverlust zu verzeichnen ist und aus Sicht der EU bisherige Massnahmen nicht den erhofften Erfolg brachten. Durch die neue Entwaldungsverordnung EUDR wird die bisherige EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) abgelöst. Gemäss den Anforderungen der EUDR müssen relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse vor allem entwaldungsfrei (Artikel 3a), legal erzeugt (Artikel 3b) und von einer Sorgfaltserklärung abgedeckt (Artikel 3c) sein. Darüber hinaus gibt es weitere Anforderungen (Artikel 12) und die Rückverfolgbarkeit dient als Kriterium der Risikobewertung (Artikel 10). Neu an der Verordnung ist, dass auch Produkte, die im Herkunftsland legal sind, bei Lieferung in die EU illegal werden können.
Um Produkte legal in die EU einzuführen, muss daher eine Risikobewertung vorgenommen werden. Dabei ist vor allem abzuklären, was vor dem Referenzjahr 2020 auf der Fläche angebaut war und ob seither eine Degradierung vorliegt. Die Herausforderungen bei der Bestimmung des Referenzzustandes liegen vor allem darin, dass es in bestimmten Ländern keinen offiziell anerkannten Basisdatensatz und Widersprüche in vorhandenen Datensätzen gibt. Es existieren fehlende Unterscheidung der Waldklassen in Referenzdaten sowie auch falsch-positive und falsch-negative Waldklassifizierungen in vorhandenen Datensätzen. Generell schwierig ist auch die fehlende Übereinstimmung zwischen den EUDR-Definitionen und den Landnutzungsbezeichnungen der Erzeugerländer. Die Bewertung des Entwaldungsrisikos nach der Ernte zwingt die Akteure zudem, eine Vorhersage für die Zukunft zu treffen. Dabei gibt es grosse Unklarheiten bei der Erkennung und Bewertung des Waldschädigungsrisikos sowie hohe Kosten. Stäuble bemerkte hierzu, dass seitens der EU eine bessere Klarstellung zur rechtlichen Haftung bei Prognosen dringend benötigt wird.
Ein wichtiger Teil der Risikobewertung ist insbesondere die Rückverfolgbarkeit. Nach dem Abschluss der Datensammlung und Bewertung kann dann eine so genannte «Sorgfaltserklärung» abgegeben werden. Sie muss über die EUDR Due Diligence Registry (Teil der EU Traces Plattform) erstellt werden. Die Angabe einer gültigen Referenznummer für die Sorgfaltserklärung wird Teil der Zollanmeldung. Ohne Sorgfaltserklärung wird die Ware am Zoll künftig nicht mehr freigegeben. Dabei muss die Sorgfaltserklärung mit allen GPS-Daten und Mengen auf einer angemessenen Risikobewertung basieren. Im Grunde handelt es sich dabei um eine Konformitätserklärung. Dazu werden alle Länder der Welt in die Gruppen «low risk» und «high risk» eingeteilt. Für die Ländergruppe «low risk» wird es eine vereinfachte Sorgfaltserklärung geben. Neu ist, dass in einer Sitzung des EU-Parlaments am 13. November beschlossen wurde, eine neue Gruppe «no-risk» zu schaffen. Unklar ist bisher, ob und wie weit für diese Gruppe die Sorgfaltserklärung extrem vereinfacht oder ggf. vollständig auf sie verzichtet werden kann. Die Schweiz dürfte wahrscheinlich dann in diese neue Gruppe «no-risk» aufgenommen werden.
Wichtig festzuhalten sei, dass es grundsätzlich um die gesamte Lieferkette geht. Beim Import sind vor allen die Zolltarifnummern wichtig. Alle Akteure sind betroffen, wenn ein Produkt oder Teile eines Produktes in die EU gelangen. Wer die Waren in der EU in Umlauf bringt, muss unbedingt zuvor klären, wer der Verantwortliche ist. Der gesamte Prozess der Risikobewertung und der Sorgfaltserklärung ist ein grosser bürokratischer Aufwand, weil hierzu vom Ersteller der Sorgfaltserklärung alle Daten gesammelt werden müssen. In der folgenden Lieferkette kann zwar Bezug darauf genommen werden, aber alle Unternehmen in der supply chain bleiben jeweils für sich haftbar.
Bezüglich der Verpackungsindustrie ist noch nicht abschliessend geklärt, welche Produkte betroffen sind. Verpackungen sind gemäss aktuellem Stand des Verordnungsentwurfs nur dann im Umfang der EUDR, wenn sie unter einer relevanten Zolltarifnummer in Verkehr gebracht werden (Annex I EUDR) oder aus einem relevanten Rohstoff produziert wurden. Recyclingmaterial und Bambus etc. sind ausgenommen. Ebenfalls Verpackungen, die noch nicht in der Nutzung, d.h. mit dem Produkt befüllt, sind. Die Abgabe benutzter Leerpaletten ist nach aktuellem Stand ebenfalls ausgenommen (vgl. FAQ V3, 2.6, 2.7).
Für die Schweiz bzw. Schweizer Unternehmen als Nicht-EU-Akteure ergibt sich folgende Perspektive: Sofern selbst Zollanmeldungen durchgeführt werden, sind auch eigene Sorgfaltserklärungen abzugeben. Wurde das Material, dass in die EU geliefert wird, in der Vorlieferkette bereits aus der EU exportiert, dann muss eine Referenz zu einer vorgängigen Erklärung vorliegen. Stammt das Material, dass zuvor noch nicht in der EU war, aus Ländern, die von der EU nicht als «low-Risk» eingestuft wurden, dann ist eine vollständige Compliance-Dokumentation erforderlich. Für Material aus «no-Risk»-Ländern sind weitere Vereinfachungen angekündigt, die jedoch noch nicht umfassend skizziert wurden.
Global Traceability Solutions hat für die Umsetzung der EUDR für Unternehmen das Tool «GTS Radix Tree» entwickelt. Am Ende des Webinars hatten die Teilnehmer Gelegenheit, Fragen zu stellen, die der Referent beantwortete. Vor allem die im EU-Parlament nun beschlossene Verschiebung um ein Jahr, gibt die Möglichkeit, dass der Entwurf in der Expertenkommission nochmal überarbeitet wird. In seiner Abmoderation kündigte Andreas Zopfi daher an, dass es – bei Interesse – von SVI und VHPI ein Nachfolge- und Vertiefungs-Webinar zum Thema EUDR geben wird.
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